Studien zur Aktualität der marxschen Kapitalkritik
Robert Schlossers Werkstatt (Stand: Dezember 2021)

(Mails an: schlosserwerkstatt[auf]robert-schlosser.de)

 

Vorbemerkung (2014):

Ich plane in der mir verbleibenden Lebenszeit – bin seit Herbst 2012 in Rente - eine größere theoretische Arbeit. Ob Gesundheit, Energie und Motivation noch reichen, um daraus ein Buch zu machen, das weiß ich nicht. Weil das so ist, will ich einzelne Manuskripte, Thesen und Materialien auf jeden Fall vorab im Internet veröffentlichen. Immerhin ist es möglich, dass das den einen oder die andere interessiert.

Plan eines Buches

  • „Proletariat“? - Zur Lage der lohnarbeitenden Klasse (vergleichende Betrachtungen/ Engels zur Lage der arbeitenden Klasse in England und Marx in Kapital Bd. 1/ Im Kontrast dazu heutige Arbeits- und Lebensbedingungen eines durchschnittlichen Lohnarbeiters in einem hoch entwickelten Land)

  • Der „Sozialstaat“ - Lüge/Falle? (ist der „Sozialstaat“ wesentlich ein Produkt bürgerlicher Einsicht in ökonomische Notwendigkeiten und/oder das Produkt von Klassenkämpfen / diskutiert am Beispiel der Arbeitslosenversicherung, der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und vor allem der Rente – sofern es sich um eine Rente handelt, von der man leben kann während eines ganzen Lebensabschnittes ohne Lohnarbeit (Reproduktion von Ware Arbeitskraft???)/ die Frage der Selbstverwaltung. Was bedeutet dieser „Sozialstaat“?
     

  • Wert der Waren und Wert der Ware Arbeitskraft (auch erster bekommt immer stärker ein „historisch-moralisches“ oder „historisch-gesellschaftliches“ Element; Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und Umweltschutz, Produktsicherheit in der EU als staatlich-gesellschaftliche Setzung von "gesellschaftlich notwendiger Arbeit"; was davon geht aufs Konto des Kapitals/ökonomische Entwicklung, was davon geht aufs Konto des sozialen Widerstandes gegen das Kapital und seine Verwertung. Die gesellschaftliche Einflussnahme auf die kapitalistische Privatproduktion hat enorm zugenommen. Momente die über den Kapitalismus hinausweisen.)
     

  • Taylorismus/Fordismus – die moderne Manufaktur als Form industrieller Produktion (anknüpfend an Marx Darstellung in Kapital Bd. 1), „Fließbandproduktion“ als moderne Manufaktur. Warum dem Kapital die „Arbeit“ nicht ausgegangen ist. Übergänge von der modernen Manufaktur (Fließbandarbeit) zur „maschinellen Großproduktion“, Erweiterung der Automationsmöglichkeiten durch Roboter, Handhabungsautomaten)
     

  • Integration der Lohneinkommen in die Kreisläufe des (Geld-)Kapitals (von der Lohntüte zum Girokonto und zum ausgedehnten Konsumentenkredit, ihre Bedeutung für erweiterte Kapitalreproduktion)
     

  • Einzelkapital und Gesamtkapital (widersprüchliche Bewegung ihrer Verwertung und wie sie zusammengehören; anknüpfend an Punkt eins: Kostensteigerung durch gesetzliche Auflagen in Sicherheit/Produkteigenschaften generell etc. für das Einzelkapital, jedoch neue Anlage- und Verwertungsmöglichkeiten des Gesamtkapitals durch neue Produkte von Sicherheitstechnik, Umwelttechnik etc.; also gleichermaßen Schranke für Verwertung des Einzelkapitals und Bedingung für Wachstum des Gesamtkapitals.)
     

  • Kreislauf der Geldkapitals und Kreislauf des Industriekapitals (widersprüchliche Bewegung und wie sie ineinander greifen; über fiktives Kapital und seine Bedeutung für die "Realwirtschaft"; Aktienkapital als eine wesentliche Grundlage für das moderne Finanzkapital; Aufblähung des Finanzmarktes als Bedingung für die stürmische Industrialisierung ganzer Länder und Regionen.)
     

  • Krisenzyklus – Wiederkehr des immer gleichen oder Dynamik sich verschärfender Krisen ("strukturelle Überakkumulation" , wie sie entsteht - gerade durch die "erfolgreiche" Krisenbewältigung - und wohin sie führt - drohender Staatsbankrott etc.)
     

  • „Proletariat“ ? - Das Schleifen des „Sozialstaates“, die Rücknahme von Zugeständnissen, die angeblich nur ökonomischen Notwendigkeiten der Reproduktion der Ware Arbeitskraft geschuldet waren / die weitreichenden Konsequenzen
     

  • Perspektiven des Klassenkampfes und der sozialen Emanzipation (moderner Kommunismus mit den Grundsätzen von Gemeineigentum, Selbstverwaltung und Kontrolle sozialer Produktion durch soziale Ein- und Vorsicht / Reform und Revolution

So sieht momentan der Plan aus. 

Die Manuskripte, die ab jetzt in loser Folge auf dieser Homepage erscheinen werden, sind nicht immer eindeutig den einzelnen inhaltlichen Punkten des Plans zuzuordnen. Es handelt sich um Arbeitsmanuskripte. Die Themen werden sozusagen „eingekreist“, es wird Überschneidungen und Wiederholungen geben. Die in kürzeren oder längeren Zeitabständen veröffentlichten Manuskripte werden eine Mixtur sein aus rein logischer Entwicklung, Verarbeitung allgemein zugänglicher empirischer Daten und persönlicher Erfahrung. Sie erzählen auch eine Geschichte.

Die Reihenfolge der Veröffentlichung wird sich nicht halten an die Reihenfolge des Planes und es kann sein, dass der Plan selbst sich noch ändert. 

Ausgangspunkt für die Kritik der Politischen Ökonomie waren für Marx und Engels der in der philosophischen Auseinandersetzung gewonnene „historische Materialismus“, wie er sich in der Schrift „Deutsche Ideologie“ niederschlägt, und die Beschäftigung mit den sozialen Zuständen ihrer Zeit, wie sie sich in der Schrift von Engels „Zur Lage der arbeitenden Klasse in England“ ausdrückt. 

Mein Ausgangspunkt sind die Theorien von Marx und Engels, ferner Arbeiten von Paul Mattick und Henryk Grossmann, aber auch meine Erfahrungen in und mit dieser Gesellschaft, mit der kapitalistischen Produktionsweise, wie sie sich nach dem 2. Weltkrieg entwickelt hat. 

Was das Ganze auf jeden Fall nicht werden soll, ist ein Werk, dass „akademisch-wissenschaftlichen“ Anforderungen genügt. Die sind mir ziemlich egal. Ob die Ergebnisse, zu denen ich gekommen bin und komme, der kritischen Überprüfung standhalten, wird sich zeigen … sofern jemand es für nötig hält, sich damit zu beschäftigen und darauf einzugehen. 

Für viele Revolutionäre von heute wird manches, was ich zu sagen habe, eine Zumutung sein. (Sofern sie über diese Texte stolpern sollten.) Vor allem wegen meiner Bewertung des „Reformismus“. Das Wort setze ich deshalb in Anführungsstriche, weil manche Revolutionäre vom Jagdfiber auf „Reformisten“ geplagt werden, gern nach „objektiv“ reformistischen Einstellungen und Vorschlägen suchen. Ist das Etikett „Reformist“ erfolgreich aufgeklebt, hat man seine Aufgabe schon fast erfüllt. Solche Revolutionäre sind weder Willens noch in der Lage zu differenzieren zwischen dem, was der Sozialreformismus geleistet und was er verbrochen hat.
Meine unerhörte Bewertung rührt daher, dass ich nicht nur Kommmunist bin, sondern auch fast 40 Jahre lang meine Haut als Lohnarbeiter zu Markte getragen habe. Kurz und knapp: Ohne Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, ohne die Möglichkeit Kuren in Anspruch zu nehmen ... und noch anderes mehr, hätte mich das Kapital wahrscheinlich schon "geschafft"! Das ich heute in recht gutem gesundheitlichen Zustand meine kleine Rente genießen kann - auch das ist möglich - verdanke ich nicht zuletzt dem Sozialreformismus. Das Kapital selbst ist alles andere als sozialreformistisch! So meine Erfahrung!

Ausgangspunkt für meine Bewertung ist weder der „historische Beruf der Arbeiterklasse“ der mit den Produktionsverhältnissen vorgegeben sei, noch die „schändliche“ ideologische Beeinflussung von LohnarbeiterInnen durch den Sozialreformismus.

Ausgangspunkt sind für mich die tatsächlichen, erfahrbaren Veränderungen/Verbesserungen in den Arbeits- und Lebensbedingungen von LohnarbeiterInnen, nicht deren Denken und Handeln. Schaut man sich die Arbeits- und Lebensverhältnisse von LohnarbeiterInnen in hoch entwickelten kapitalistischen Ländern etwas näher an, dann wird schon deutlich, dass manch Anlass, der die Leute früher zur Rebellion trieb, weggefallen ist, wegen der sozialen Reformen. Berücksichtigt man ferner, welche Entwicklung es mit dem „Kommunismus“ genommen hat, dann sollte es eigentlich auch nicht zu schwer fallen zu verstehen, warum „das Proletariat“ in einem Land wie Deutschland nicht als „revolutionäre Klasse“ in Erscheinung tritt. 

Der früher vor allem von der Sozialdemokratie in Partei und Gewerkschaften repräsentierte Sozialreformismus hat im Kontext der Bekämpfung des traditionellen Kommunismus der ArbeiterInnenbewegung und der „Systemkonkurrenz“ mit dem „Realsozialismus“ seinen Einfluss auf andere staatliche und nichtstaatliche Organisationen (Sozialverbände der Kirchen, Paritätischer Wohlfahrtsverband, Organisationen des staatlichen „Arbeitsschutzes“, Berufsgenossenschaften, Verbraucherschutzorganisationen etc.) entwickelt, bis hinein in konservative bürgerliche Parteien. Über all diese Organisationen wurde sozialreformerischer Einfluss ausgeübt auf den Staat, was sich letztlich ausdrückte in Gesetzen, Verordnungen etc. und die gesellschaftliche Praxis veränderte. Generell hat sich auf diese Weise die gesellschaftliche Einflussnahme auf die kapitalistische Privatproduktion erhöht. Die erfolgreiche sozialreformistische Beeinflussung der kapitalistischen Gesellschaft geschieht jedoch immer unter dem Vorbehalt, erfolgreiche Kapitalverwertung nicht zu verhindern. Ist die Kapitalverwertung in Frage gesellt, so wird der Sozialreformismus in Frage gestellt. Auch von den Sozialreformisten selbst!! Das lässt sich an der Entwicklung nach der Weltwirtschaftskrise 1974/75 ablesen. Mit dem Ende des Nachkriegsbooms endeten auch die sich ausdehnenden Spielräume für Sozialreformismus. Seit dieser Krise beinhaltet das Wort „Reform“ eine praktische Kampfansage an die LohnarbeiterInnen, ist ihr Inhalt geprägt von Anpassung der „Rechtsansprüche“ von LohnarbeiterInnen an die Erfordernisse der Kapitalverwertung. Das Versprechen des Sozialreformismus lautet: Anpassung der Kapitalverwertung an die Interessen von LohnarbeiterInnen. So auch tatsächlich realisiert etwa in der Adenauerschen Rentenreform von 1957 – die ihm einen grandiosen Wahlsieg brachte - , oder dem Gesetz zur Lohnfortzahlung im Krankheitsfall für alle LohnarbeiterInnen von 1969.

Dieses Versprechen wird schon lange nicht mehr eingehalten und die Agenda 2010 ist ein offenes Dementi auf dieses Versprechen. Aus meiner Sicht ist das ein Angebot an Sozialrevolutionäre, die Themen „zu besetzen“, mit denen der Sozialreformismus punkten konnte, und sie im Kontext des Projektes sozialer Emanzipation zu bearbeiten. So wie kommunistische und anarchistische Sekten aber aufgestellt waren und sind, kann dieses Angebot unmöglich aufgegriffen werden. Von daher bin ich zutiefst pessimistisch in Bezug auf die Perspektiven der nächsten Zeit. Die sich anbahnende und vielfach bereits eingetretene schroffe Zuspitzung der ökonomischen Widersprüche der kapitalistischen Produktionsweise mit ihren sozialen Folgen findet statt ohne auf eine „soziale Gegenmacht“ zu treffen und diese „soziale Gegenmacht“ (Stichwort des kommunistischen Manifests: „Parteibildung des Proletariats“) kann niemals ausschließlich das Produkt einer spontanen Gegenbewegung sein, auf die viele Revolutionäre hoffen und warten. Damit eine solche „soziale Gegenmacht“ entstehen kann muss es zu grundlegenden Veränderungen in der „radikalen Linken“ kommen – theoretisch und praktisch. Zu dieser Veränderung möchte ich in der mir verbleibenden Zeit mit meinen theoretischen Bemühungen einen kleinen Beitrag leisten. Gelingt das nicht, sind meine Bemühungen umsonst, dann kann ich auch damit leben. 

Robert Schlosser, im März 2014





 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Manuskripte
 

Hoch entwickelter Kapitalismus heute - ein "gemischtes Wirtschaftsystem"
 

 

Beschränkte Teilhabe oder Ausschluss vom Reichtum - Über den Wert der Ware Arbeitskraft

 

 

Warum die menschliche Arbeitskraft noch nicht aus dem Produktionsprozess des Kapitals verschwunden ist - über maschinelle Produktion und revolutionierte Manufaktur

Nachtrag: Weiter auf den Spuren der Mehrwertproduktion
 

 

"Verteilungsfragen":
Produktion und Verteilung des Mehrwerts unter Berücksichtigung der Tendenz zur Automation und zur internationalen Arbeitsteilung in "Werkstatt" und Gesellschaft

 

 

"Verteilungsfragen":
Produktion und Verteilung des Mehrwerts "outsourcing" und "offshoring"

 

 

Entwicklungstendenzen der Kapitalakkumulation unter Berücksichtigung von Profitrate/Profitmasse und Akkumulationsrate
 

 

Wertgesetz und "Finanzkapital"
 

Ergänzende Thesen
 

Formen des zinstragenden Kapitals ...Leasing

 

Wer sich durch "das Finanzkapital" und seine Kritiker nicht ganz an der Nase herumführen lassen will, sich für die Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise im Rahmen des heutigen Weltmarktes interessiert, den verweise ich auf eine sehr interessante und aufschlussreiche Präsentation der IKB-Bank. Darin enthalten graphische Aufbereitung statistischen Materials und Kurzkommentare, die Aufschluss geben über die Bedeutung des Industriekapitals und "forcierte Industrialisierung" in der heutigen Weltwirtschaft. Aufmerksame Lektüre sollte zugleich deutlich machen, auf welcher Grundlage die letzte Weltwirtschaftskrise den Markt in Verlierer und Gewinner geteilt hat.

Der Titel der Präsentation:
 

Maschinenbau und Investitionsgüterindustrie -
weiter auf Erfolgskurs

 

 

Das Wertgesetz und die periodisch wiederkehrenden Krisen
 

Ergänzung: "Der unheimliche Aufschwung"
 

Ergänzung: Nochmals zur Überakkumulation und deren Konservierung
 

 

Über Freihandel, Protektionismus und die Kapitalakkumulation
(Formen der Konkurrenz auf dem kapitalistischen Weltmarkt)

 

Ergänzung: Reproduktion und Zirkulation des gesellschaftlichen Gesamtkapitals und der Nationalismus
 

Ergänzung: Die Multis und die Profitrate
 

 

Das Kapital im Allgemeinen und der Imperialismus
 

 

Konkurrenz und Monopol in der entwickelten kapitalistischen Produktionsweise

 

 

Über die Geldware Gold, das Geld als Wertzeichen und die erweiterte Reproduktion von Kapital
(Auf der Suche nach einer zeitgemäßen Geldtheorie auf Basis der Arbeitswerttheorie)
 

Ergänzung: Zur Kritik der MMT
 

Ergänzung: Kritik an Eske Bockelmanns Geldtheorie

 

 


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